Berichte der Literaturgruppen


 

Patrick Modiano: Im Café der verlorenen Jugend (II)


Kampf um die Bedeutungshoheit

1. Versuch: 


Literaturgeschichtlich dürfte die Vermutung, dass sich Modiano von Henri Murgers Roman „Szenen aus dem Leben der Bohème“ anregen ließ, nicht unbegründet zu sein. Roland ähnelt dem Puccini-Rodolfo und Mimi (eigentlich Lucia) erlebt eine tuberkulosefreie Wiedergeburt in Louki. Auch das örtliche Umfeld ist ja das gleiche. Am Ende beider Romane steht der Tod der weiblichen Hauptfigur und ein zutiefst unglücklicher Geliebter bleibt allein gelassen zurück.
Mehr als das historische Vorbild verdienen aber die epischen Formexperimente Beachtung. Viele Autoren scheuen sich, als Erzählform die Ich-Form zu wählen, da sie lieber über die subjektiv begrenzte Darstellungsweise hinausgehen möchten. Andererseits wird beim Leser der allwissende Erzähler oft als zu selbstherrlich angesehen. Er will häufig belehren und wird so Opfer seiner eigenen Selbst-verehrung. Der moderne Leser möchte lieber mitdenken und sich seinen eigenen Spekulationen hingeben, als alles vorgesetzt zu bekommen. Inswofern ist es von Modiano ein raffinierter Schachzug, gleich vier Ich-Erzähler zu Wort kommen zu lassen.

Ungebührliche Vorbemerkungen zu:
Patrick Modiano, Café der verlorenen Jugend

Alle 14 Tage finden wir uns zum Literaturkreis im aka -Treff ein. Wir, das sind
10 – 15 Personen mit grauen oder nachsichtig gefärbten Haaren. Was mag nur all die netten Menschen bewegen, sich der Literatur im Allgemeinen und der Hochkultur im Besonderen zur verschreiben?

Ich habe nachgedacht (tut ab und zu auch ganz gut) und habe in der Hauptsache drei Gründe gefunden, die allerdings bei genauer Betrachtung alle auf das Eine hinauslaufen.