Berichte der Literaturgruppen
Nachlese zu: Stefan Zweig, Die Welt von Gestern
I. Stefan Zweigs Faible für die Vaganten-Dichter
In seinem letzten Werk vor dem selbst gewählten Tod mit seiner zweiten Ehefrau Lotte Altmann erwähnt der Bestseller-Autor in seiner Autobiographie viele Orte und Personen, die heute kaum noch bekannt sind. An zwei Künstler, soll hier erinnert werden: Peter Hille, der vor seinem Vagabundenleben seine Kindheit in unserer schönen Heimat bei Warburg verlebt hat und der es hier trotz der vielen Berge, des frischen Grüns doch nicht aushielt und sich auf und davon machte, die Welt zu sehen und zu erleiden, der Andere, der Jahrhundertdichter Paul Verlaine, ein Franzose, der sich mit der Banalität des Seins einfach nicht abfinden konnte.
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Patrick Modiano: Im Café der verlorenen Jugend (III)
Sein oder Nichtsein? Modiano ein existentialistischer Autor?
2.Versuch:
Patrick Modiano wuchs in einer Zeit misslungener Aufarbeitungsversuche heran. Vor allem die europäischen Juden mussten die Folgen barbarischer Verbrechen irgendwie verarbeiten, ohne Chance, es je verstehen zu können. Fast jeder Überlebende und Nachkomme hatte den Verlust von Verwandten zu beklagen. Die Schuld der Täter und ihrer Kinder lastete schwer. Wer Deutscher war, versuchte zu begreifen, was nicht zu begreifen war. Die Lasten der Vergangenheit spiegelten sich in der Kunst, Literatur und Philosophie wider. Das Abhandenkommen der Menschlichkeit wurde vor allem im Existentialismus thematisiert. Bei den französischen Hauptvertretern war dies mit einer Absage an den Gottesglauben verbunden. Die monotheistischen Religionen hatten sich selbst widerlegt und wurden lediglich als Ausdruck eines absurden Denkens angesehen. Dies galt allerdings nicht nur für die Religion, sondern auch für die scheinbare Herrschaft der Vernunft und des Seins. Damit verbunden war zwangsläufig auch ein erheblicher Orientierungsverlust, zwar eine große Emanzipationschance, doch auch die Gefahr des Abgleitens in eine persönliche Sinnlosigkeit: Der Mensch konnte nun selbst entscheiden, was er aus seinem Leben macht, d.h. die Absurdität des Seins gewährte ihm die Freiheit, sich z.B. über Gut und Böse hinwegzusetzen, da solche Werte willkürlich gesetzt schienen. Der aufgeklärte Mensch, so Camus, „weigert sich zu sein, was er ist“(Albert Camus, Der Mensch in der Revolte, Reinbek 2013, S.23) und das Absurde besteht darin, dass er aufgrund seiner Freiheit und seiner Sinngebungsversuche sich gegen seine eigene Natur aufzulehnen vermochte (ebenda. S.48). Diese Auflehnung nennt Camus eine Revolte gegen die Natur, die der Mensch als eine Art „Selbstbestrafung“ erfährt (S.83). So schließt sich der Kreis: Gott ist ein Sinnbild des Absurden, also der Sinnlosigkeit und damit folgt ihm auch der Mensch, der ja das Ebenbild Gottes ist.
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