Berichte der Literaturgruppen
(....Fortsetzung zu den Randnotizen „Herrn und Frau Thomas Mann“):
2.Versuch: Thomas Mann, Wälsungenblut, Das Vorbild und die Folgen
Vorspiel: Richard Wagner, Die Walküre
Langeweile in Walhalla, die Götter mischen sich ein ins irdische Leben. Die Schicksalsmächte sind erwacht, die Töne wogen, Streicher und Holzbläser künden göttliche Leichtfertigkeit und menschliche Schwermut, Ängste und Fluchtbewegungen.
Das böse Erbe der Nibelungen, der Schatz, weckt die Gier der Goldfinger und die Abenteuerlust der Helden - alles Folgen göttlicher Unzulänglichkeiten. Welch ein Stoff für Richard Wagner! Siegmund und Sieglinde werden zu Tätern und sind doch gleichzeitig Opfer.
Siegmund hetzt durch die nordischen Wälder, trifft auf seinem beschwerlichen Weg ausgerechnet auf Hundings Behausung, Zufall oder göttliche Fügung? Dort waltet die züchtige Hausfrau Sieglinde, gewaltsam entführt und von Hunding zur Ehe gezwungen. Sieglinde ein mitfühlendes Herz, päppelt den entkräfteten Siegmund, da noch ein Namenloser, auf. Siegmund von so viel Gastfreundschaft überrascht, beseelt und neugierig, fragt er die schöne Maid:
Das Aug´erfreut
Des Sehens selige Lust –
Wer ist´s, der so mir es labt?
Stabreimer: Richard Wagner
Randnotizen und Lückenfüller zu Herrn und Frau Thomas Mann:
I. Wettstreit der Biographen
Eine Autobiographie hat Katia Mann nie geschrieben. Allerdings haben der Sohn Michael und die Journalistin und Schriftstellerin Elisabeth Plessen die Jahrhundertehefrau ausführlich befragt und erzählen lassen. Die Ausführungen wurden unter dem Titel „Meine ungeschriebenen Memoiren“ 1974 von der aufopferungsvollen Frau Thomas Mann gutgeheißen und veröffentlicht. Die Aufzeichnungen zeigen eine sehr offene und reflektierte fast 90jährige Seniorin, die noch kein Altenheim nötig hat. Selbst die erotischen Vorlieben des Gatten für muskulöse Jünglinge werden von der alten Dame humorvoll kommentiert.