Filmclub

Amadeus: Der Knabe und der Böse

Auch die Großen sterben, diesmal erwischte es am 13.April 2018 den zweifachen Oscarpreisträger Milos Forman. Der tschechisch-amerikanische Filmregisseur wurde 86 Jahre alt und soll, so ist aus zuverlässiger Stelle zu erfahren, bereits heftig an der Himmelstür klopfen. Er wird uns vor allem durch seinen Film „Amadeus“ in irdischer Erinnerung bleiben. Forman ließ sich von dem Drama des englischen Dramatikers Peter Shaffer inspirieren. Dieser hatte sich seinerseits von der Mordlegende über den Tod von Wolfgang Amadeus Mozart verleiten lassen. Nach dieser wird der Hofkomponist Salieri beschuldigt, seinen von ihm  beneideten Konkurrenten, den Jahrhundert-Komponisten Mozart, mit einer Giftmischung ins Jenseits befördert zu haben. Shaffer fand diese Version des frühen Todes des Musik-Genies wohl interessanter als die gängigen wissenschaftlichen Behauptungen der historischen Ursachenforschung.

 

Tatsächlich gab es wohl einen z.T. heftigen Konkurrenzkampf um die Stelle des Hofkapellmeisters am kaiserlichen Hof. Sicherlich beneidete Salieri Mozart, aber er bewunderte ihn auch und die Giftmordlegende stützt sich vornehmlich auf die Wutausbrüche Mozarts über die unverdiente Zurücksetzung  seiner Person am Wiener Hof. Salieri, der Mozart um 34 Jahre überlebte, führte Mozarts Werke nach 1791 jedoch oftmals auf. Vor allem ist auch sein überschwängliches Lob für die „Zauberflöte  mehrfach überliefert.

Für Shaffer und Forman war natürlich die Version eines Gewaltverbrechens an Mozart dramaturgisch weit interessanter als die biographische Realität. Und so konnte sich die Filmwelt 1984 an der großartigen fiktiv-realistischen Version der letzten Lebensjahre des klassischen Superstars erfreuen. Dabei wurde allerdings die schelmische, fast kindliche Seite Mozarts ziemlich überzeichnet. Die Aka - Cineasten blieben davon aber weitgehend ungerührt und zeigten sich von den Schauspielern ungemein angetan. Die Klassikliebhaber durften sich zudem an den fast 30 Musik- und Balletteinlagen erfreuen. Das Filmorchester unter Leitung von Neville Merrier gab schließlich auch sein Bestes.

Der biographische Teil beginnt mit dem Auftritt des 12jährigen Wolfi am kaiserlichen Hof in Wien. Hofkapellmeister Salieri ist vom Können des Wunderkindes sehr beeindruckt. Das eigentliche Szenarium beginnt aber erst mit den letzten Lebensjahren des einst hochgeschätzten Komponisten. Salieri befindet sich 1824 in einem Irrenhaus. Er beichtet einem jungen Priester, dass er 1791 Mozart vergiftet habe. Der Film arbeitet sodann die Stationen der Salieri-Mozart–Beziehungen auf, die immer wieder von Szenen über die Wahnvorstellungen des einst am Hof so geschätzten Komponisten lautstark unterbrochen werden. Die eigentlich biographischen Szenen beginnen mit den Jahren 1781/82. Mozart entflieht Salzburg und versucht eine Anstellung in Wien zu erlangen. Er wird als Luftikus dargestellt, der von Geldsorgen geplagt wird, aber trotzdem seiner Geliebten Konstanze Weber die Ehe verspricht. Der Kaiser erkennt zwar seine Begabung, vermag aber nicht die einmalige Genialität des jungen Bewerbers um Anstellung am Hof richtig einzuschätzen. Sein Geschmack bleibt, von seinen Hofmusikern gewollt, der italienischen Opern- und Konzertmusik verpflichtet. Allein der am Hofe in Ungnade gefallene Theaterdirektor und Librettist Schikaneder erkennt das ungeheure Potential des Musikgenies. Er bietet dem Jungstar sein Libretto „Entführung aus dem Serail“ an, zufällig heißt die weibliche Hauptfigur „Konstanze“ und die türkisch-orientalischen Klänge sollen  in Schikaneders Musiktheater zu Gehör gebracht werden. Die Aufführung wird ein Riesenerfolg, doch der Kaiser teilt den allgemeinen Enthusiasmus nicht. Fast gleichzeitig fällt auch der Hoflibrettist da Ponte in Ungnade, da er sich mit Salieri entzweit. So darf Mozart den operettenhaften Text von „Figaros Hochzeit“ vertonen und, obwohl der Kaiser Tanzeinlagen in der Oper verboten hat, erlaubt er letztlich doch die Integration einer Ballettvertonung in dieser Oper.

Die 1786 im Burgtheater aufgeführte komische Oper wird ein Riesenerfolg, der allerdings in Prag noch überboten wird. So erhält Mozart auch von dort den Auftrag zur Vertonung des „Don Giovanni“. Trotz seiner Erfolge befindet sich der junge Komponist aufgrund seines verschwenderischen Lebensstils in großen finanziellen Nöten. Das Thema „erotische Ausschweifung“, wie es auch in der nächsten Oper „Cosi fan tutte“ thematisiert wird, kommt in den heuchlerischen Adelskreisen allerdings nicht gut an.

Zum Schrecken des Priesters bekennt sich Salieri zum Schuldigen für Mozarts Tod im Jahre 1791. Er behauptet, er habe einen Boten zu Mozart mit dem Auftrag geschickt, ein gut bezahltes Requiem zu komponieren. Im Film versteckt sich der Bote hinter einer gruseligen Maske und lässt die Zuschauer glauben, dahinter verberge sich Salieri selbst. Tatsächlich hatte es im Mozart Todesjahr einen solchen Auftrag gegeben. Auftraggeber war jedoch ein gewisser Graf Walsegg, der eine spektakuläre Trauerfeier für seine kürzlich verstorbene Ehefrau geben und sich selbst als der Komponist des Requiems feiern lassen wollte. Die Umstände der Auftragserteilung und das Thema versetzten den kränkelnden Mozart tatsächlich in fürchterliche Todesängste. Statt am Requiem arbeitete der Jahrtausendkomponist lieber vornehmlich am Singspiel „Die Zauberflöte“, das von Schikaneder verfasst und voller freimaurischer und mysteriöse Beziehungen war. Unter großem Jubel findet die Aufführung am 30.9.1791 im „Freihaustheater“ statt. Salieri ist unter den Zuschauern und verfolgt im Film voller Neid das Geschehen.

Am 5.Dez. stirbt Mozart. Nur wenige Trauergäste nehmen an der Bererdigung teil. Bei der Bestattung außerhalb Wiens gibt es wegen des heftigen Regens keine Trauergäste. Selbst Konstanze begleitet ihren zumeist geliebten Gatten nicht, dazu war sie wohl auch psychisch nicht in der Lage. Der bedeutendste Komponist seiner Zeit wurde in einem Massengrab bestattet. Bis heute ist die Lagestätte seiner Gebeine nicht bekannt.

Konstanze war sicherlich geschockt über den frühen Tod ihres Gatten und kränkelte längere Zeit. Doch schnell wurde sie dann Nutznießerin des Nachlasses. Das Urheberrecht hatte sich verbessert und so wurde sie langsam eine wohlhabende Frau. Sie konnte die Schulden bezahlen und heiratete einen begeisterten Mozartanhänger, den dänischen Legationsrat „Nissen“. Sie wurde fast 80 Jahre alt und 1842 prunkvoll in Wolfgangs Heimatstadt Salzburg bestattet. So überlebte sie auch um fast 2 Jahrzehnte den angeblichen Schuft Salieri. Der war in ihrem Todesjahr längst vergessen und wir vermögen uns kaum vorzustellen, wenn Amadeus wenigstens so alt wie Salieri geworden wäre, was für großartige Werke heute noch die Mozartfans zusätzlich begeistern würden. Bei Eintritt dieses Konjunktivfalles hätte möglicherweise das Jahrtausendgenie sogar den göttlichen Johann Sebastian Bach vom Throne gestoßen.

Unsere Aka- Cineasten verließen ergriffen den Bürokonzertsaal und freuten sich, diesen Film nach 20 bzw. 30 Jahren noch einmal gesehen zu haben.

Fazit:
Gute Filme sollte man sich immer mal wieder anschauen und die Aka kann weiterhin dazu beitragen!

   
Wolfgang Schwarz im Heißsommer 2018

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.