Filmclub
Schiller, ein Film aus dem Jahre 2005
Ein junger Mann auf der Flucht oder die Leiden, zu sich selbst zu finden.
Als die Gastwirtstochter Dorothea, geb. Kodweiß, im Jahre 1759 ihren einzigen Sohn gebar (ein Mädchen war schon 2 Jahre anwesend und 3 weitere sollten noch folgen), ahnte weder die Mutter noch Vater Johann Caspar, dass soeben ein Genie das Licht der Welt erblickt hatte. Auch die braven Bürger des Örtchens Marbach, konnten nicht wissen, dass durch diese Tatsache für viele kommende Generationen dieser Name durchaus ein Begriff werden sollte. Damals profitierte das Nest am Neckar noch davon, dass es in der Schattenzone der Residenzstadt Ludwigsburg lag. Dort war auch Vater Johann stationiert, der aus einer Handwerkerfamilie stammte und es im Laufe seines Lebens bis zum Hauptmann und zum Leiter der herzoglichen Baumschule bringen sollte. Klein-Fritz verehrte den autoritären Vater, liebte aber vor allem seine empfindsame, fromme und fleißige Mutter. Bereits auf der Lateinschule glänzte Klein-Friedrich durch seine Intelligenz, so dass der ehrgeizige Vater dafür sorgte, dass der Überflieger in die militärisch – reformpädagogische Schule des Herzogs Carl Eugen aufgenommen wurde. Der Herzog selbst bezeichnete sich als Übervater aller Schüler dieser Einrichtung.
Mit dem Eintritt in diese Schule beginnt auch der Film „Schiller“. Der 14jährige Friedrich möchte bei der Einschulung nach Hause zurück zu Mutter und Vater und der Herzog belehrt den Knaben, dass er jetzt sein Vater sei wie eben auch für alle Kadetten. Friedrichs einzige Freude an dieser Schule wird der Lehrer Prof. Abel, der den pubertierenden Friedrich mit den Großen der europäischen Literatur vertraut macht. Aufgrund dieser Anregungen verfasst er selbst erste Dialoge und Gedichte im Stile Klopstocks und Shakespeares.
Im Film wird diese prägende Lehrer-Schülerbeziehung nicht dargestellt. Stattdessen beobachten wir die erste Flucht nach Mannheim. Ohne Erlaubnis entfernt sich Friedrich, mittlerweile ein Militärarzt, von Stuttgart in einer wilden, verwegenen Jagd. Mit Freund Petersen will er die Premiere seines Erstlings „Die Räuber“ miterleben. Auf der Bühne des hoch angesehenen Theaters wird das revolutionäre Stück ein Riesenerfolg, weckt aber auch den Unmut des Adels. Noch bleibt Schiller anonym und weist sich als Dr. Ritter aus.
In dem 23jährigen Schiller erkennt das Aka-Publikum natürlich den Mädchenschwarm Matthias Schweighöfer. Der Mittzwanziger begeistert durch seinen Enthusiasmus, seiner Verzweiflung wegen der Schulden, Intrigen und Krankheiten. Er spielt Schiller so, wie er in vielen Biographien dargestellt wird.
Nach der unerlaubten Entfernung von der Truppe wegen der Uraufführung folgt die eigentliche Desertierung aus Württemberg. Schiller verlässt das Land seiner Vorfahren mit seinem besten Freund Andreas Streicher. Aufgrund der Flucht fürchtet der Intendant „von
Dalberg“ politische Verwicklungen. Die Darstellung kürzerer Abwesenheiten seitens der Flüchtlinge folgen, doch die Theaterarbeit an den Dramen „Fiesko“ und „Kabale und Liebe“ wird fortgesetzt. Schillers „Liebesaufwallungen“ werden im Film von Katharina Baumann hervorgerufen, obwohl in den meisten Biographien die Leidenschaft zu Katharina Ziegler höher eingeschätzt wird. Die Baumann, später die Darstellerin der Luise Miller in “Kabale und Liebe“, wird überzeugend von der jungen Theresa Weißbach gespielt.
Mit großem Lob wird vom Aka-Publikum der Iffland-Darsteller Robert Dölle überschüttet. Er spielt überzeugend den „Franz Moor“ in den „Räubern“, ist intriganter Regiekonkurrent Schillers in Mannheim und der Rivale Schillers wird letztlich der Hofdichter in der Rhein-metropole. Iffland kritisiert Schillers Nähe zu Shakespeare, anerkennt aber die dichterische Überlegenheit des Newcomers. Diese Zwielichtigkeit Ifflands verkörpert Robert Dölle großartig.
Insgesamt verdichtet der Film überzeugend biographische Ereignisse und Figuren. So kann der Zuschauer den Handlungsverlauf gut nachvollziehen.Die Filmproduktion von Uschi Reich endet mit der Abreise von Schiller und Streicher nach Leipzig und Weimar. Der Film zeigt so die Vorgeschichte des klassischen Schillers, also bevor die Nähe zu Goethe als Kultfreundschaft stilisiert wird.
Das Aka-Büro verließen die Besucher glücklich und belehrt.
Wolfgang Schwarz zur Jahreswende 2017/18