Filmclub

Mal wieder Filmclub – Stephen Hawking unvergänglich

Ausgerechnet am bisher schönsten Tag des Jahres treffen sich 7 Unentwegte des Filmclubs im abgedunkelten akaTreff zur konzentrierten und berührenden Teilhabe an der meisterhaften Verfilmung der Biographie des nach Albert Einstein wohl bedeutendsten Astrophysikers Stephen Hawking.

Für die meisterhafte Darstellung Hawkings erhielt Eddie Redmayne 2014 den Oscar. Gleichermaßen waren wir von der Rolle der Jane White, ihre Liebe und Opferbereitschaft fasziniert. Vor der „Entdeckung der Unendlichkeit“, so der Titel des Films, gab es aber noch die Zeit des Beginnens, die Kindheit des kleinen Stephen, die filmisch nicht berücksichtigt wurde.

 

1.Ein Leben vor der Zeit

Was geschah, bevor Stephen ein Filmstar wurde?

Zunächst musste er erst einmal geboren werden. Dazu fanden sich der Tropenmediziner Frank Hawking und die Steuerinspektorin Isobel, die Tochter einer schottischen Ärztefamilie, im gegenseitigen Einverständnis zusammen. Isobel musste, wie damals üblich, ihren Familiennamen zugunsten des Hawking-Clans aufgeben. Die Vorfahren waren Pachtbauern und so der Aufstieg des ehrgeizigen Frank recht mühsam. Ob die Eltern des künftigen Höhenfliegers den Geburtstermin genau geplant haben, ist nicht bekannt. Jedenfalls verließen sie wegen des Bombenkrieges ihren Wohnsitz in London und zogen in das sichere Oxford. Die bösen Deutschen hatten nämlich versprochen, die Universitätsstädte Oxford und Cambridge nicht zu bombardieren. So erblickte ein wenig zaghaft das Stephen-Baby am 8.01.1942 das Licht der Welt und Hawking selbst hebt dieses historische Datum hervor: „Ich wurde genau 300 Jahre nach Galileos Tod geboren“ (vgl. Stephen Hawking, Meine kurze Geschichte, Reinbek 2015, S. 12).

Diese Auferstehung konnte doch kein Zufall sein!  Allerdings warnt der Atheist Hawking vor eiligen Schlüssen und gibt zu bedenken, dass mit ihm wohl 200.000 andere Babys das Licht der Welt erblickten. Die Wiedergeburtsvertreter werden aber mit Recht anführen, dass nur Stephen das Physikergen Galileos in sich trug.

In der Eliteschule galt der Hochbegabte als Eigenbrödler und motorisch ungeschickt.

Besonderes Interesse zeigte er nur für Modelleisenbahnen. Die Eltern schafften es allerdings, ihren Sprössling in die angesehene Schule St. Albanes zu schicken, wo er mit Ach und Krach genügend A-Levels errang, um in Oxford zum Studium der Mathematik und Physik zugelassen zu werden. Stephen frönte der Faulheit und schrieb sich in den Studiengang „Kosmologie“ ein.

Jetzt beginnt der Film „Entdeckung der Unendlichkeit“.

2. Zeit der Qualen und erste Erfolge  

Wer in Oxford unter Studenten anerkannt sein will, muss als Genie gelten, als ein Genie, dem alles zufliegt und deshalb sich ein Höchstmaß an Faulheit leisten kann.

Also versuchten alle ein Genie zu sein und Stephen fiel das besonders leicht. Aufgrund seiner Inselbegabung schätzen ihn einige Lehrende und Studenten besonders. Er war ein Mann, der nicht nur Anerkennung, sondern auch Geselligkeit suchte. So beschloss er, trotz seiner körperlichen Schwäche in den universitären Ruderverein einzutreten und schaffte es bis zum Steuermann in die zweite Mannschaft. Stephen trank gerne einen über den Durst und passte so ebenfalls sehr gut zu den Ruderfreunden. Dem Studium widmete er nach eigenen Angaben maximal 3 Stunden pro Tag. Auf einer Studentenfeier begegnete er auch seiner späteren Frau Jane Wilde, die er noch flüchtig aus seiner Schulzeit im St. Albian kannte. Jane stand kurz vor der Aufnahme eines Fremdsprachenstudiums in London.

Sie fand den Doktoranten Stephen Hawking zwar ein wenig arrogant, doch auch humorvoll und nicht ganz unsympathisch. Da er ein wenig unbeholfen auftrat, weckte er bei der religiös erzogenen Jane wohl auch ihren Beschützerinstinkt.

Erst als sie erfuhr, dass Hawking an der unheilbaren amyothrophen Lateralsklerose (ALS) erkrankt war, spürte sie grenzenloses Mitleid und sorgte dafür, dass Stephen seine Depression überwand. Da der behandelnde Arzt seine Lebenserwartung mit 2 Jahren angab, wollte Hawking die Restlebenszeit dazu nutzen, noch etwas Nachhaltiges zu hinterlassen. Die beiden verlobten sich und Stephen wurde ungeheuer fleißig. Jane tippte seine Dissertation und versorgte ihn soweit es ihr möglich war. Gerade wegen des zu beobachtenden körperlichen Verfalls entwickelte sich beiderseits der Kinderwunsch. Sie heirateten 1965 und 1967 wurde ihr Sohn Robert geboren. Wohl Dank der neu gewonnenen Lebenskraft hatte Stephen Hawking die prognostizierte Lebenszeit schon um einige Jahre überschritten. Die körperlichen Einschränkungen waren aber unübersehbar und vor allem die Kommunikationsfähigkeit wurde immer eingeschränkter. Jane, die 1966 ihr Studium abgeschlossen hatte, gelangte an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Sie formulierte es  später in einem in einem Interview:

„Ich war das Arbeitstier, während Stephen all die glänzenden Preise einstrich.“ (Michael White/John Gribbin, Stephen Hawking, Die Biographie, Reinbek 1995, S.118).

3. Aufstieg zum Weltstar

Ende der sechziger und in den siebziger Jahren machte Stephen Hawking Furore, obwohl er anfangs noch nicht einmal seine Doktorarbeit beendet hatte und der körperliche Verfall immer dramatischere Formen annahm. Aus dem Faulpelz war mittlerweile ein Workaholic geworden. Sein motorischer Aktionsradius beschränkte sich auf den Rollstuhl und er entwich oft in seine eigene Gedankenwelt. Vor allem grübelte er über die Existenz und Bedeutung der „Schwarzen Löcher“ nach. Er gelangte zu der Überzeugung, dass die universelle Kosmologie und die Quantenphysik aus einem Prinzip, aus einer Singularität ableitbar seien und im klassischen Sinne auch auf das Zusammenspiel von Thermodynamik und Gravitation/Rotation beruhen. Er wies zumindest logisch nach, dass die Schwarzen Löcher nicht nur wie ein Meeresstrudel Materie sich einverleiben, sondern dass sie aufgrund der Rotationsbewegungen das Entweichen von Radiowellen zulassen. Dieses Phänomen erhielt die Bezeichnung Hawking-Strahlung. So war es nicht verwunderlich, dass Hawking 1974 zum Mitglied der Royal Society berufen wurde. Die Ordensverleihung erfüllte auch Jane mit großem Stolz, doch befand sie sich gleichzeitig in einem für jeden nachvollziehbaren Burnout. Jane kam sich immer mehr als ein Anhängsel ihres vielfach ausgezeichneten Ehemanns vor. Ihr Zusammenbruch konnte noch verhindert werden, da studentische Hilfskräfte als Pflegehelfer für Prof. Hawking eingesetzt wurden. Jane konnte so selbst in mittelalterlichen Sprachen promovieren und fand zudem Aufnahme in einem Kirchenchor, deren Leiter bei ihr große Zuneigung fand. 1979 wurde das 3.Kind geboren, doch Stephen litt stark unter Eifersucht. In dieser Zeit arbeitete Hawking an seinem künftigen Bucherfolg „Eine kurze Geschichte der Zeit“. 1985 musste die Arbeit an dem Werk unterbrochen werden, da Hawking an einer lebensbedrohenden Lungenentzündung litt und nur durch einen Luftröhrenschnitt gerettet werden konnte. Durch die Operation verlor er seine ohnehin stark eingeschränkte Sprachfähigkeit. Das Buch konnte trotzdem mit Hilfe eines genialen Sprachcomputer vollendet werden und wurde zum größten wissenschaftlichen Bucherfolg mit einer Auflage von über 10 Millionen Exemplaren. Diesen Erfolg verdankte Hawking auch seiner Pflegerin Elaine Mason, die ihn in den Gebrauch des Sprachcomputers einführte und ihm auch sonst sehr gewogen war. 1990 ließen sich Stephen und Jane scheiden. Stephen heiratete Elaine und wenig später traten auch Jane und der Chorleiter und Organist Jonathan Jones in den heiligen Stand der Ehe.

Vor allem die Kinder litten zunächst sehr unter der Trennung, doch mittlerweile gibt es wieder häufige Kontakte und auch eine enge Zusammenarbeit von Tochter Lucy und ihrem Weltraumforschervater Stephen. Die zunächst sehr leidenschaftliche Ehe zwischen den beiden geschiedenen Stephen und Elaine endete 2007.

Stephen Hawking forscht weiter über das Universum, wird von zahlreichen Pflegerinnen betreut und hofft darauf, dass das Nobelpreiskomitee endlich ein Einsehen hat.

Hoffen wir mit ihm!       

Wolfgang Schwarz, 23.05.2016