Annette von Droste-Hülshoff VII
Ein Droste-Poem
Das Kind, zart und schwach
Ein Frühchen, ach, ein Leben lang
Dennoch lebenslustig, voller Tatendrang
Sitzt am Klavier, schreibt auf Papier
Die Eltern stolz, dem Neuen zugewandt
Doch solche Pfade führen nicht durch Westfalens Moore
Sie, störrisch oft, auch diszipliniert
Phantasie beflügelt ihren Geist
Sie glaubt an sich
An ihr Können
Sie spürt die Dichterin in sich
Sie stapft durchs Moor
Glaubt an die Schönheit der Natur
Hofft auf Glück, Liebe, Ruhm
Tradition versperrt den Weg nach oben
Der Adelsstolz, das Rollenspiel der Eingebildeten
Kleine Freiheiten zwar
Doch Unterordnen heißt die Devise
Ein Mädchen darf schön sein
Muss aber die Grenzen kennen
Die Ehre, die Unterwerfung heißt.
Ihr geistiges Wollen bleibt
Unbezähmbar
Der Körper darf nicht wie er möchte
Es flüstert
Du bist etwas Besonderes
Du kennst die Geheimnisse des Lebens
Dabei hast du noch gar nicht recht gelebt
Die törichten Männer dürfen, du nicht
Umkreist von harten Richtern
Die Eltern, die Verwandten, die Stammesgleichen
Freisein wider Adelsnot
Moore, Wiesen Wälder
Ein Hauch von Freiheit
Das Schöne gründet in Natur
Geistige Freiheit muss verborgen bleiben
Berührungen der selbstherrlichen Ritter führen zum Skandal
Einsame Wanderungen bringen schwachen Trost
Wenn die Schwester Jenny nicht wär
Alles trostlos, alles unverzeihlich
Das Rüschhaus, so schöner Klinker
Und doch die Gäste rar
So lockt die Ferne, das Vergnügen
Hinauf den Rhein zum Bodensee
Dort weilt sie, die sanfte Malerin
Die Schwester, die so spät erwählt
Vom grau gelockten Laßberg
Der weiß, was Leben heißt
Dass Freude kein Privileg der Männerklasse
Die Zarte schleicht mit dem Jungen, dem Schönen
Durch Wiesen, Wäldern und Alleen
17 Jahre trennen sie
Die Mutterdroste und ihr Pferdchen Levin
Annette zwingt sich zu lieben
Wie eine Mutter
Er wie ein Don Juan
Das Unmögliche flieht aus Münsterland
Der Traum lebt am Bodensee
Die Meersburg birgt Glück und Geheimnisse
Der See lockt
Beflügelt die Poesie
Levin vermarktet Leiden und Schönheit
Zum Nutze der Droste
Doch dann:
Levin geht
Levin wird versinken
Annette bleibt und ihre Worte
Träume werden zu Bildern
Ein unerfülltes Leben und doch erfüllt
Wir wissen um deine Macht
Dein unerfülltes Hoffen
Macht unsterblich dich
Du ruhst in Meersburgs Erde
Dein Turm kündet
Den Alpenriesen
Deine Liebe, dein Sehnen und Hoffen
Deutschland kennt kaum eine Bessere
Poetin der Schönheit und des Schmerzes Deine Lyrik
Welch schöner Nachgesang!
Wolfgang Schwarz, im kalten Februar, der 50. Website-Beitrag für die Aka