Sand VI

George Sand, Maupart 1837

Die schier unglaubliche Geschichte des Bernard de Maupart, eines Hüters des Guten in einer schlechten Welt.

Eine Nacherzählung

Das Böse, eine Dekadenz der Evolution
In Frankreich vor und nach der Revolution
Der Adel, die Inkarnation des Bösen
(Ausnahmen bestätigen die Regel)
Direkt vor der Haustür
Georges Heimat, das vergessene Berry
Dort wütet das Raubritter-Geschlecht der Mauparts
Und das Epigenetische lässt sich nicht verdrängen
Oder doch?
Epigenetik ist stärker als Sozialisation
Ein Soziologe hört das nicht gerne
Ausnahme nur, wenn eine Person das Gute
Schon in sich trägt
Der Mutter sei Dank
Und natürlich, unserer lieben George.

Der Roman beginnt tiefenpsychologisch, das Böse ist Thanatus, die Todesbotschaft der Götter an den Irrglauben der Sterblichen.

 

Alle Mauparts, zumindest der alten Linie, tragen stolz diese Pestbeule. Jeder will den Anderen überbieten. Auch der Jüngste, das Waisenkind Bernard spürt das, weil ihn das Böse befriedigt und Anerkennung verheißt. Er will sein wie der Gefürchtetste aller Mauparts, sein Großvater. Aber da ist noch eine Gegenkraft, das Erbgut der Mutter: die Achtung vor den Anderen, das Mitleid. Er spürt die Zweifel in sich, doch er möchte Macht und Achtung im Kreis der Bösen, mit 14 Jahren bereits offizielles Mitglied der Räuberbande Maupart! Das Abenteuer lockt, die Pubertät verstärkt die Anlagen und verlangt nach Befreiung.

Bernard gerät in Streit mit dem Bauernphilosophen Patience, einem Rousseau-Anhänger, tötet dessen Lieblingseule, will sich an ihm rächen, wenn er stärker ist als dieses kluge Kraftpaket. Doch die Schlägerei kommt zu früh, der 15jährige Bernard hat keine Chance gegen den alten, aber starken Bauern. Er hofft auf Vergeltung, Rache, aber noch traut er sich nicht, verschiebt den Rachetermin.

Seine ihm unbekannte Cousine Edmée ist auf der Flucht vor der lüsternen Onkel-Gang Maupart. Sie findet Unterschlupf in der Höhle, in der sich Cousin Bernard aufhält. Von Verlangen getrieben würde er sich gerne an der Wunderschönen vergreifen. Aber etwas hält ihn zurück. Edmée gibt sich als seine Cousine zu erkennen und verspricht ihn zu heiraten, wenn sie unbeschadet mit ihm vor den hemmungslosen Verwandten fliehen kann. Die Flucht gelingt, die Räuberbande ist abgelenkt, kämpft mit der Gendarmerie. Die Nachrichtenvermittler posaunen heraus, alle seien getötet, nur Bernard findet Unterschlupf und Gnade bei Edmées Vater Hubert de Maupart, der ihn vor dem Zugriff der Polizei und dem Gefängnis bewahrt. Da der edle Onkel der jüngeren Maupart-Linie keinen männlichen Erben hat, wird er den 17jährigen Bernard adoptieren. Er muss jedoch feststellen, dass seine fast gleichaltrige Cousine bereits verlobt ist, mit einem stolzen Baron von „farbloser Intelligenz“. Bernard wird misstrauisch hinsichtlich ihres Heiratsversprechens und kann seine cholerischen Attacken gegen Edmée nicht zügeln.

Wenn überhaupt, die Cousine will einen kultivierten Mann und fordert eine angemessene Erziehung des verwilderten Cousins, verspricht aber, ihn unabhängig davon zu lieben wie einen Bruder. Das ist dem Verwahrlosten zu wenig, da er immer mehr dem wunderschönen Mädchen verfällt. Er fühlt sich erniedrigt und der kluge Wilde möchte sich nicht im Sinne einer heuchlerischen Kultur erziehen lassen. Doch er ist ohnmächtig, er ordnet sich den Forderungen der über alles Geliebten unter.

Zunächst übernimmt Patience, mit dem er sich allmählich versöhnt hat, seine geistige Erziehung. Er lernt die Ideen seines nun verehrten Lehrers schätzen, entdeckt das Naturschöne als seine ästhetische Berufung. Aber Edmée möchte mehr, sie möchte auch die Eleganz der höfischen Kultur; also ab nach Paris! Bernard ist nun 19 Jahre alt und Edmées Verlobter De la Marche entdeckt, dass der Cousin seine Cousine liebt. Er fordert die Entscheidung, die Heirat. Aber Edmée fühlt sich an das Versprechen gegenüber Bernard gebunden. Mit weiblicher List äußert sie sich gegenüber dem Cousin: „Ich werde niemals einen Anderen heiraten.“ Eine sofortige Heirat komme aber noch nicht in Frage, dazu sei er noch zu impulsiv. Auch lässt sie ihm im Unklaren darüber, ob sie ihn wirklich liebe. Obwohl ihr Verlobter De la Marche einen Korb bekommt, fühlt sich Bernard hintergangen. Er flieht und kämpft als Soldat im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Dort bringt ihm Mut und seine strategische Klugheit schnell in die Offizierslaufbahn. Zudem begegnet ihm bei der Truppe ein alter Bekannter, der sog. Maulwurfjäger, Marcasse, der ebenfalls aus dem Berry stammt. Er wird sein Diener und Sergeant. Beide kehren nach 6 Jahren in die Heimat zurück. Edmée wirkt blass und etwas abgemagert, doch ist immer noch von großer Schönheit und Bernard liebt sie mehr denn je. Edmée pflegt ihren altersschwachen Vater. Bernard macht der Schönen einen Antrag. Edmée nimmt ihn an und verspricht ihm, ihn wie eine Mutter zu lieben.

Bernard muss nun noch Einiges in seiner alter Heimat „La Roche Maupart“ regeln und verlässt den Gutshof. In La Roche Maupart begegnet er einem „Gespenst“ in Mönchskleidung. Es ist der Böseste der Bösen, sein totgeglaubter Onkel Jean. Er ist angeblich reuig und Mönch des Trappisten-Ordens. Er ist in einem berüchtigten Karmeliter-Kloster untergebracht (Im Mittelalter gab es eine Redewendung, die die Verderbtheit der Karmeliter zum Ausdruck brachte: „Er hurte wie ein Karmeliter!“).

Der angeblich reuige Jean ist ins Berry zurückgekehrt, um sich seinen Erbanteil zu sichern.

Auch Edmée ist mittlerweile in La Roche eingetroffen, um an einer wilden Jagd teilzunehmen. Während dieser gibt es eine verbale Auseinandersetzung zwischen den Verlobten. Am Ende der Jagd wird Edmée lebensgefährlich angeschossen und man beschuldigt Bernard, bei einem Sturz aus Versehen die fast tödlichen Schüsse ausgelöst zu haben. Edmée liegt im Koma und spricht im Fieberwahn missverständliche Sätze, die Bernard belasten. Dieser bestreitet jegliche Schuld, doch spinnt offensichtlich der klerikale Erbschleicher (dieser rechnete mit Edmées Ableben) eine Intrige, bei der Bernard durch gekaufte Zeugen noch schwerer belastet wird.

Der Mordanschlag vollzog sich in der Nähe einer Turmruine, in deren Umfeld Zeugen eine weitere Mönchsgestalt gesehen haben wollen, die einem totgeglaubten Maupart ähnlich sah. Das korrupte Gericht schenkt diesen Aussage aber keinen Glauben und verurteilt Bernard zum Tode. Marcasse und Patience glauben jedoch an seine Unschuld und beginnen mit detektivischem Eifer die Suche nach dem geheimnisvollen Mönch. Patience entdeckt diesen tatsächlich und beschattet ihn. Es ist der Bruder des Trappisten Jean. Der Bauernphilosoph belauscht ein Gespräch zwischen Jean und seinem Bruder Antoine. Dabei wird klar, dass Antoine den Mordanschlag auf Edmée verübt hat. Patience erreicht eine Revision. Antoine ist inzwischen untergetaucht, und die Gendarmerie, Patience und Marcasse machen sich auf die Suche. Höchst riskant kann Marcasse den wild um sich schießenden Mörder in der Burgturmruine überwältigen und der Polizei übergeben. Antoine Maupart gesteht den Mord und macht sich zwangsläufig auf den Weg zum Schafott.

Edmée und Bernard, übrigens der Erzähler des Kriminalfalles, werden ein glückliches Paar, bekommen 6 Kinder, von denen 4 überleben. So wendet sich alles zum Guten und in diesem Fall wird das Böse vernichtend besiegt. Und wenn sie nicht gestorben sind, so lebt das Ehepaar nebst Kinder heute noch. Die ständigen Zweifler werden allerdings einwenden, dass das Liebesdrama sich doch z. Zt. der frz. Revolution abspielte und deshalb ein so märchenhafter Ausgang ein wenig unwahrscheinlich sei. Für die Chronistin George Sand war der Schluss jedenfalls tröstlich, verfasste sie den Roman doch während der Scheidungsphase von Ehemann Casimir.

Wolfgang Schwarz, 05.04.2016

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.