Erfahrungsbericht der Philosophiegruppe II
Ich möchte gern etwas über meine Philosophie-Gruppe mitteilen. Da ich mich aber nicht so ausdrücken kann wie die Philosophen, greife ich zu Ausschnitten aus Texten, die mir das sagen, warum die Gruppe für mich wichtig geworden ist.
1) Was bedeutet für mich Philosophie?
2) Die Philosophie macht mich lebendiger.
3) Die Philosophie macht mich aufmerksamer.
4) Die Philosophie macht mich toleranter.(Hoffentlich)
1) Was bedeutet für mich Philosophie?
M.J.Sandel sagt dazu: Die Philosophie ist nicht irgendwo in den Wolken über der Stadt.
Sie ist in den Entscheidungen enthalten, die wir treffen, in den Argumenten, die wir vorbringen, in der Art, wie wir ein alltägliches Dilemma lösen.
Sie gibt uns die Möglichkeit, unsere Entscheidungen zu treffen und uns dabei unsere Gründe und Überzeugungen bewusster zu sein.
(Philosophie Magazin.April/Mai)
2) Die Philosophie macht mich lebendiger.
"Lebendigkeit ist ein Austauschverhältnis. Lebendig-Sein kann man nicht für sich alleine, sondern nur in Beziehung, das andere muss aber kein Mensch sein, es kann auch ein Tier, ein Wald, ein Buch oder ein Lied sein. Lebendig werde ich erst, wenn das andere da draußen mit mir so in Beziehung tritt, dass ich durch diese Beziehung selbst verändert werde, das ich mich dabei und darin verwandle". (Hartmut Rosa,Soziologe.)
Das Lebendige ist das, was ein Interesse an sich selbst hat, das um sich besorgt ist und dementsprechend reagiert und das berührt uns: weil wir nämlich selber lebendig sind und diese Sorge um die eigene Verletzlichkeit teilen.
Leben ist ein Prozess der Herstellung einer Identität.(Andreas Weber/Philosoph)
3) Die Philosophie macht mich aufmerksam.
Sie macht mich aufmerksam, die alltäglichen Dinge mit einer Distanz, Zurückhaltung zu betrachten, nicht sofort zu urteilen, differenzierter die Dinge zu beobachten und dadurch toleranter zu werden.
Voltaire sagt dazu: Wir müssen uns gegenseitig tolerieren, weil wir alle schwach, inkonsequent, der Wandelbarkeit und dem Irrtum unterworfen sind.(Voltaire.Philosophie Magazin April/Mai)
4) Die Philosophie macht mich toleranter.
Aber was ist Toleranz und wo wären die Grenzen der Toleranz zu ziehen?
Toleranz wird oft mit Gleichgültigkeit gleichgesetzt. Das ist jedoch falsch. Wenn ich andere Überzeugungen oder Praktiken "toleriere", setzt das immer voraus, dass ich etwas an ihnen problematisch finde.
Toleranz müssen wir nur dort aufbringen, wo uns etwas stört.
Diese Form der Ablehnung ist die erste von drei Komponenten, die für den Begriff wichtig sind.
Um andere zu tolerieren, braucht es dann vor allem die zweite Komponente, die Akzeptanz.
Man findet Gründe, weshalb das was einen stört dennoch toleriert werden sollte. Dabei verschwindet die Ablehnung jedoch nicht. Obwohl man weiterhin bedenklich findet, was die Anderen denken oder tun, erkennt man, wieso es richtig wäre, dies zu tolerieren.
Die dritte Komponente besteht in der Zurückweisung.
Denn die Akzeptanz reicht nur bis zu einem gewissen Punkt, an dem die Grenzen der Toleranz erreicht sind.
Hier kommen noch einmal negative Gründe ins Spiel, nur gravierender, da damit das Ende der Toleranz gefordert wird, etwa bei Verletzungen der Menschenrechte.
Diese drei Komponenten - Ablehnung - Akzeptanz und Zurückweisung müssen beim Ausüben der Tugend der Toleranz stets in die richtige Balance gebracht werden.(Philosoph Rainer Forst/Philosophie Magazin/Feb/März)
Resümee
Für mich ist die Gruppe, die alle 14 Tage stattfindet, eine wichtige Instanz geworden.
Unsere Gruppe besteht aus ca. 10 Personen. Sie alle sind fast immer anwesend. Dazu trägt Hermann Schmitt viel bei. Was wir zuhause gelesen haben, wird in der Stunde besprochen.
Diese Auseinandersetzung mit dem Text begeistert mich. Erst dann erlebe ich, was alles in dem Text vorhanden ist.
Die Diskussionen sind lebhaft, und da alle eine andere Erfahrung, Erziehung, einen anderen Werdegang haben als ich, erweitert das meinen Horizont. So ist es für mich wunderbar, eine Gruppe gefunden zu haben, in der wir inhaltlich reden können über unsere Sicht auf die Welt, unsere Gedanken und Gefühle.
Im Täglichen ist es schwierig, so etwas zu finden. Gleichzeitig werde ich auf verschiedene andere interessante Literatur verwiesen.
So entsteht ein Vernetzung, die mir neue Orientierung auf anderen Gebieten ermöglicht, z.B.Soziologie, Kunst und Natur.
Daraus Schöpfe ich neue Kraft, Freude und eine gewisse Freiheit.......
Es erlaubt mir, meinen eigenen Gedanken zu vertrauen oder sie zu revidieren. Mir geht es darum, das Gemeinsame in anderen zu finden.
Dafür danke ich Hermann Schmitt und meiner tollen Gruppe.
Jenneke-Adriana Raschdorff, Juni 2015